Am anderen Morgen wurde ich wie immer durch den Radiowecker wach. Der Regen prasselte deutlich hörbar am Fenster. Ich kuschelte mich noch mal kurz in meine Decke ein, als ich laut und deutlich Mama’s Stimme vernahm: „Aufstehn!“ Ich machte mich auf ins Bad um mich frisch zu machen und überlegte kurz, was ich wohl am besten zur Schule anziehen soll. Irgendwie hatte Oma gestern ja recht, meine Kunstleder-Latzhose passte zwar noch mehr als reichlich, sah aber inzwischen doch schon ziemlich abgenutzt aus. Und wenn ich ehrlich bin, eigentlich auch nur noch was für zu Hause. Aber trotzdem mein absolutes Lieblingsteil, gerade wenn es draußen regnet. Da wird man wenigstens nicht nass.
Also zog ich mich an, meinen Elch-Pulli und darüber meine dunkelbraune Kunstleder-Latzhose und ging in die Küche zum frühstücken. Papa war schon los zur Arbeit, meine Schwester immer noch im Badezimmer und Mama saß bei einer Tasse Kaffee, las in der Zeitung, die sie plötzlich zur Seite legte und sagte: „Sag mal, muss das sein?“ „Was denn?“ fragte ich neugierig. „Na tu mal bloß nicht so. Willst Du wirklich das olle Mörchen noch zur Schule anziehen? Die Jacke passt doch auch prima zur Jeans, da reichts doch, wenn Du die schäbige Hose zu Hause anziehst. Oma hat schon recht, ich sollte das Ding wohl doch besser im Müll verschwinden lassen! Kannst von Glück reden, dass sie Dir noch so gut passt, sonst hätte ich sie schon längst mit weggeschmissen!“
Ich war den Tränen nahe, konnte sie gerade noch runterschlucken als meine Schwester in der Küche erschien und meinte „Du willst doch wohl nicht so zur Schule gehen, oder doch? Was ist an dem Teil eigentlich so cool, dass Du die immer so gerne anziehst?“ wollte sie wissen. Ich hatte zwar absolut keinen Bock mich zu rechtfertigen und meinte nur: „Die ist einfach total bequem – und bei dem Schmuddelwetter draußen werde ich nicht nass. Außerdem mag ich dieses Kunstleder, das ist so schön weich und anschmiegsam. Und Mama, bitte nicht wegzuschmeißen – gestern hast Du noch gesagt, wir dürfen das anziehen, was wir wollen!“
„Darfste ja auch!“ versuchte Mama mich zu beruhigen, „meinste Du wirklich, Sandra, ich könnte Dir sowas antun?“ „Und warum hast Du’s mir dann angetan?“ fragte meine Schwester ärgerlich. „Damals, als Du meine rote vor meinen Augen in die Tonne geworfen hast und ich mit ansehen musste, wie kurze Zeit später die Tonnen geleert wurden. Wie sie sich zwischen Tonne und Deckel festgeklemmt hatte und der Müllmann zweimal kräftig drann reißen musste, ehe er sie ohne sie eines Blickes zu würdigen in den Müllwagen hinterher warf, wo sie dann langsam drin verschwand? Ich hätte heulen können – aber dann hätte ich ja... Ach lassen wir das. Nächte lang hatte ich Alpträume und das einzige, was Du, Mama damals meintest, war stell Dich nicht so an – Du bist doch kein Baby mehr. Jahrelang habe ich keine Latzhosen mehr anziehen mögen, aus Angst, dass sie irgendwann wieder im Müll landen. Meinst Du etwa, Sandra, für mich ist das leicht, Dich jetzt so rumlaufen zu sehen?“
Mama war sprachlos. Vor Schreck ließ ich mein Nutella-Brötchen fallen, und es landete natürlich mit der Schokoladenseite auf meiner Hose. Mama gab‘ mir ‘nen feuchten Lappen und meinte „Gut, dass Du keine Jeans an hast, sonst hätte ich gleich wieder waschen dürfen!“ lächelte sie versönlich. Zu meiner Schwester sagte sie nichts. Sie - zuvor noch den Tränen nahe – grinste wieder und meinte, „komm Sandra – wir beide halten zusammen!“ Da fiel mir auf, dass sie nur ihren Sport-Shorts an hatte.
„Willst Du etwa so gehen?“ meinte ich. „Weißt Du was“, sagte sie. „Ich zieh heute auch mal wieder meine Cord-Latzi zur Schule an und darüber meinen Ski-Anorak, den zieh ich bei dem Wetter noch am liebsten an!“ während sie genüßlich in ihr Brötchen biss und einen Schluck Kaffee trank. Nee, Kaffee ist noch nix für mich, dachte ich und trank meine Tasse Kakao aus. Die Stimmung war auch wieder deutlich besser. „Macht Euch mal keine Sorgen wegen Eurer Klamotten“ sagte Mama. „Ich geb schon nichts mehr ohne Euer Wissen weg! So, und nun mal langsam los, Ihr beiden, sonst verpasst Ihr noch Euren Bus!“
In Schule hab ich wenig verstanden. Ich war ja krank gewesen und dann saß der süße Maurice auch noch hinter mir. In der Pause erzählte ich ihm, daß ich vieles nicht weiß. Er fragte, ob er mir helfen soll. Mein Herz klopfte. Ich strahlte: "Oh ja!" Er wollte um drei kommen. Super!
Bei Essen dachte ich nur an Maurice. In meinem Bauch kribbelte es. Danach räumte ich auf und machte Hausaufgaben, war aber ganz aufgeregt. Um drei endlich kam mein Maurice. Mama sagte: "Das ist aber nett von dir, daß du Sandra helfen willst!" Wir gingen in mein Zimmer. Da war er - mit seinem coolen Haarschnitt, seiner Five-Pocket-Jeans und diesen wunderschönen Augen. "Schön hast dus hier" sagte er. Ich lächelte. Er packte seine Sachen aus und wir begannen mit Mathe. Mit Maurice Mathe - Ooooh, war das schön!!!
Irgendwann kam meine Schwester rein. "Oh, verzeih bitte. Wußte nicht, daß du Besuch hast!" Ich sagte: "Das ist Maurice!" - "Oh, Hallo Maurice. Ich bin die große Schwester von Sandra. Nett dich kennenzulernen!" Maurice lächelte und sagte: "Ich helf Sandra weil sie krank war." Sie warf mir einen kurzen Blick zu "Dann will ich euch nicht weiter stören. Viel Spaß noch Ihr beiden." sagte sie grinsend und verschwand. Maurice schaute mich strahlend an und sagte: "Ihr seid ja eine echte Latzhosen-Familie!" Ich kuckte ihn fragend an. Er antwortete: "Du mit deinen beiden tollen Latzhosen und deine Schwester hat auch eine Latzhose an. Ich hatte früher auch welche, aber jetzt schon lange nicht mehr." Ich sagte: "Ach, du gefällst mir auch so.". Nun lächelte Maurice wieder dieses hinreißende Lächeln... oh, war ich verliebt!!!
Wir machten weiter. Irgendwann kam Mama und brachte Saft. Oh ja, ne Pause. Das war gut. Bald schon waren wir in andere Gespräche vertieft und vergaßen ganz mit weitermachen. Draußen wars schon dunkel, da meinte Maurice, er müsse bald mal nach Hause, aber ich kann ja irgendwann in der Woche nochmal zu ihm kommen, dann machen wir weiter. Großartig!
Als er weg war, ging ich zu meiner Schwester. Sie freute sich: "War das DER Maurice?" Ich nickte grinsend. "Der sieht ja süß aus. Oh, Sandra, man sieht, daß du verschossen bist in ihn." - "Wirklich?" - "Naja, wenn mans weiß..." - - Dann fragte ich, was sie vorhin wollte. Sie sagte, ob ich schon ein Weihnachtsgeschenk für Papa wüßte. Ich sagte nein. Bei Mama war es leicht, aber bei Papa? Keine Idee. Aber sie hatte eine: "Papa werkelt ja gern. Er hat ja auch die Kreissäge und so. Findest du nicht, daß er zum Arbeiten nicht gut ne Latzhose tragen könnte?" Ich lachte und erzählte von Maurice und der Bemerkung von ihm. "Ja, genau!" sagte meine Schwester, "Wir sind eine Latzhosenfamilie und deswegen braucht Papa eine Arbeitslatzhose!" - "Und Mama eine Arbeitslatzschürze" fügte ich hinzu. "Aus Kunstleder" ergänzte meine Schwester lachend. "Das wird Mama aber gar nicht gefallen!" sagte ich. "Und was wird Oma denken!" sagte meine Schwester. Wir kicherten. Nur... ja... Latzhose für Papa. Woher? Wir grübelten.
Dann sagte meine Schwester: "Hast du nicht erzählt, daß es bei dem Altkleiderwerk einen Second-Hand gibt?" Jetzt viel es mir wieder ein. Ob es sowas da gibt? Müßte es ja eigentlich, da ist ja alles. Oder ob ich Silvia fragen könnte? Ach ja, da war ja noch die Freundin von Silvia, die Latzhosen für die Ukraine sammelt. Ob sie mir eine Arbeitslatzhose für Papa abgibt? Meine Schwester fragte: "Wollen wir da nicht mal zusammen hinfahren?" Gute Idee fand ich. Sie sagte dann aber: "Mist, ich schreib Mittwoch Geschichte und Freitag Englisch und muß pauken! Freitag geht vielleicht, aber ich wollte Freitag auch was für dich suchen..." Ich überlegte. "Ich kann aber auch allein hin und mal kucken." sagte ich. Sie sagte: "Wenn du willst... Ich versuch mal die Größen rauszukriegen. Sag ich dir nachher und geb dir Geld und du kannst sehen, ob du was findest. Und wenn nicht, ziehen wir Freitag zusammen noch los." Gute Idee!
Dann entschuldigte sie sich nochmal, daß sie mich aufgezogen hatte am morgen und sagte: "ich meins nicht so, bin nur ein bißchen neidisch auf deine tolle Kunstlederlatzhose." Ich antwortete: "Okay, vergeben! Aber dafür mußt du mir unbedingt alles von deiner Kunstlederlatzhose früher erzählen! Ja?" Meine Schwester überlegte und sagte etwas verlegen: "hmmm... naja, gut. Aber ein anderes Mal, okay? Ich muß noch lernen jetzt. Erinner mich bei Gelegenheit dran, ja?" - naja, gut...
Später, bei Abendessen sagte Mama zu Papa: "Heute war ein Mitschüler von Sandra hier und hat ihr Nachhilfe gegeben weil sie krank war." Ich versuchte, nicht rot zu werden. "Sehr netter Junge. Maurice heißt er!" Meine Schwester und ich wechselten Blicke. Papa fragte: "Wart ihr erfolgreich?" Ich nickte: "Wir sind aber noch nicht ganz fertig." - "Dann müßt ihr Euch nochmal treffen" sagte Mama...
Abends im Bett überlegte ich, wann ich zu Silvias Second Hand Laden fahr. Morgen nachmittag oder übermorgen? Will ich Frauke mitnehmen oder doch lieber allein? Weiß nicht. Vielleicht sollte ich mal sehen, ob ich ne tolle Latzhose für meine Schwester find. Aus Kunstleder oder vielleicht aus echtem Leder, das wär voll cool. Die Größen von Papa und meiner Schwester hab ich. Aber wie teuer würde die für meine Schwester sein? Soviel Geld hab ich auch nicht... Dann schlief ich ein...
Sorry – wird diesmal wieder ein etwas längerer Teil, lag schon seit ein paar Wochen fertig in der Schublade, ich hoffe, es passt soweit alles. Viel Spaß beim Lesen!
Als ich am nächsten Tag aus der Schule kam, verkrümelte ich mich nach dem Mittagessen auf mein Zimmer und machte Hausaufgaben. Wir hatten nicht viel auf und ich übelegte, was ich mit dem Rest des freien Nachmittags anfangen sollte. Der Shop am Sortierbetieb hatte leider Samstags schon zu, als wir mit dem Abladen fertig waren. Ich hätte ihn gerne mal durchstöbert und mir die Latzhosen angeschaut, die Sylvia für ihre Stammkundin zurückgelegt hatte.
Für Papa zu Weihnachten wird’s da bestimmt nichts geben, dachte ich. Da werd ich wohl nochmal wo anders schauen müssen. Oder vielleicht doch? Meine Neugierde stieg und ich entschloss, da nochmal hinfahren zu wollen. Aber wann? Am besten jetzt – dachte ich, aber Mama fragen, ob sie mich da hin bringt, nein,das wollte ich auch nicht. Das wäre mir dann doch zu peinlich gewesen. Klamotten vom Flohmarkt sind ja ok, würde sie denken, aber aus der Altkleidersammlung? Mir war selber nicht klar, ob ich sowas anziehen würde – geschweige denn Papa.
Aber wenigstens mal hinfahren und schauen, das wollte ich schon. Aber wie dort hinkommen? Ich sah aus dem Fenster, es hatte mal wieder angefangen zu regnen. Da fiel mir ein, dass ich auf der Fahrt dorthin in unmittelbarer Nähe des Sortierbetriebs eine Bushaltestelle gesehen hatte. Ich kramte meine Fahrplan hervor und fand heraus, dass es eine direkte Busverbindung von zu Hause nach dort gibt.
Ich nahm meine Monatsfahrkarte und sagte zu Mama, „Tschüss, bis später. Ich bin draußen und zum Abendessen wieder da!“ „Ist gut!“ meinte sie. Sei aber bitte pünktlich. „Geht in Ordnung!“, rief ich. Sollte ich Frauke fragen, ob sie mitkommen wollte? Nee, dachte ich. Kannste nicht machen. Die erzählt das dann womöglich morgen in der Schule. Dann hätten die anderen mich zu Recht ausgelacht. „Sandra geht im Altkleiderladen shoppen!“ Das wäre mir dann erst recht zu peinlich gewesen.
An der Haltestelle schaute ich mich um, dass mich ja keiner sah. Der Bus kam pünktlich und eine halbe Stunde später war ich da. Ich machte die Tür zu Second-Hand-Shop an der Sortieranlage auf und ging rein in den Laden. Das erste was ich wahrnahm, was ein komischer Gerüch, so leicht müffelnd. Das zweite, der Laden war eine alte Fabrikhalle und riesengroß, größer als der Sortierbetrieb nebenan. Und warm war es dort, viel wärmer als draußend, wo kalt war und immer noch nieselte. Ich machte meinen Anorak auf und stöberte durch die Reihen.
Die hatten dort – wie im Kaufhaus aus – eine Erwachsenen- und eine Kinderabteilung. Echt professionell, aber äußerst schlicht gehalten. Eine komische Atmosphäre. Richtig wohl fühlte ich mich dort nicht. Was mir allerdings auch auffiel, der Laden war sehr gut besucht. Wie im normalen Kaufhaus halt. Ob die wohl alle wissen, dass die Sachen hier alle aus der Kleidersammlung stammen? Ich kannte bis dahin auch nur einen kleinen Second-Hand-Shop bei uns ein paar Straßen weiter, wo mehr oder weniger Sachen von privat an privat verkauft wurden. Aber da habe ich schon seit langem nichts gescheites mehr für mich gesehen.
Ich lief also weiter in die Kinderabteilung und wollte natürlich schauen, was dort an Latzhosen im Angebot war. Sylvia hatte mir ja erzählt, dass sie seit einiger Zeit wieder welche in den Shop geben, wo eine Stammkundin sie für ein Kinderheim in der Ukraine kauft.
„Hallo Sandra, was machst Du denn hier?“ hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme in der Kinderabteilung rufen. Ich drehte mich um und sagte „Hallo Sylvia – Du hier und nicht in der Sortieranlage?“ Neben ihr stand eine andere Frau, die ich nicht kannte. „Ja“, sagte sie. „Darf ich vorstellen: Das ist Anastasij – meine Freundin. Sie ist in der Ukaine geboren, lebt aber schon seit mehr als 20 Jahren in Deutschland. Sie ist diejenige, die die Latzhosen für das Kinderheim kauft, wovon ich Dir am Samstag erzählt habe.“
„Und wer bist Du?“ fragte Anastasija. Ich war sprachlos und brachte kaum ein Wort raus. „Das ist Sandra – wir hatten übrigens gerade über Dich gesprochen. Sandra ist auch ein großer Latzhosen-Fan, wie man sieht!“
Anastasija lächelte mich an und sagte: „Das ist ja mal cool – ‘ne Latzhose aus Leder. Und gleich den passenden Anorak dazu. Sowas hab‘ ich ja noch nie gesehen. Das muss doch bestimmt höllisch teuer gewesen sein?“
„Nee“, sagte ich. „Ist doch nur Kunstleder. Und gebraucht – vom Flohmarkt. Die Jacke hat 15,-- Euro gekostet, die Hose und die Stiefel gab’s geschenkt dabei, weil die Hose schon ein paar ganz kleine Kratzer abbekommen hat. Fällt aber garnicht weiter auf.“
„So“, ich muss wieder rüber, sagte Sylvia. „Die Latzhosen liegen alle hier auf dem Krabbeltisch, wenn Du alle nimmst, mach ich Dir ‘nen Sonderpreis: 3,-- Euro pro Kilo, statt normalerweise 8,50 Euro. Die an der Kasse wissen Bescheid! Aber nur weil Du das bist. Müssten so knapp 40 Stück sein in allen verschiedenen Größen, so wie Du sie haben wolltest.“
„Ok, mach ich. Ich nehm‘ die auf jeden Fall alle – schau aber vorher einmal kurz durch. Und vielen, vielen Dank fürs Sammeln, die Kinder dort werden sich bestimmt riesig darüber freuen. Möchtest Du mit gucken?“ fragte sie mich.
Ich sagte „Ja, gerne! Deshalb war ich eigentlich auch heute nochmal gekommen. Sylvia hatte mir ja davon erzählt, ich hätte gerne am Samstag schon mal geguckt, aber da war der Shop schon zu. Wie kommt es, dass Du ausgerechnet Latzhosen für die Kinder kaufst?“
„Erstens kosten sie nur 3,-- Euro das Kilo, und zweitens, ach, das ist eine ganz, ganz lange Geschichte.“
„Erzählst Du Sie mir?“ fragte ich neugierig. „Dabei können wir ja gemeinsam durch die Sachen schauen.“
„Gerne! Schuld daran ist eigentlich meine Tochter. Als sie vor ein paar Jahren so etwa in Deinem Alter war, hatte sie zu der Zeit wo Latzhosen total in Mode waren, natürlich auch eine, die sie gerne angezogen hat. Als sie ihr allerdings nach einiger Zeit zu klein war, forderte ich sie auf, die Latzhose für die Altkleidersammlung fertig zu machen – die Taschen noch mal nachzusehen und sie mir dann mit auf den großen Packen mit den anderen Sachen zu legen, die auch noch alle weg sollten.“
„Warum denn Altkleidersammlung?“, wollte ich wissen.
„Wir wohnen schon seit mehr als 20 Jahren hier und haben keinen Kontakt mehr zur Ukraine. Verwandte leben dort auch keine mehr, und ich hatte auch sonst niemanden mehr im Bekanntenkreis, der die Kinderkleidung meiner Tochter haben wollte. Ich packte also alles in den Sack, knotete ihn zu und warf den dann in den großen Altkleider-Container am Marktplatz. Immerhin stand darauf: Tragfähige Kleidung wird aussortiert – ich machte mir also Hoffnungen, dass die Sachen vielleicht doch nochmal sinnvoll genutzt würden.
Ein paar Monate später kam ein Brief aus der Ukraine von einer gewissen Alexandra – die ich nicht kannte – der an meine Tochter adressiert war. Ich machte ihn natürlich nicht auf sondern wartete, bis meine Tochter aus der Schule kam. Du hast Post – sagte ich zu ihr. Von wem? Von einer gewissen Alexandra, aus der Ukraine, sagte ich. Kenn ich nicht! Ich auch nicht. Gib‘ mal her, sagte meine Tochter plötzlich und entriss mir den Brief aus der Hand.
Kurze Zeit später stand sie wieder mit zwei Bildern in der Hand vor mir und meinte, kannste mal übersetzen! Ich las meiner Tochter also den Brief vor:
Hallo Jewgenija (so heißt meine Tochter)
Du wirst mich nicht kennen – aber Du hast ja gebeten, dass derjenige, der Deine Latzhose findet, Dir schreiben soll. Ich lebe seit ein paar Jahren zusammen mit 35 anderen Mädchen in meinem Alter in einem Kinderheim in der Ukraine in einem Vorort von Kiev. Heute gab es für uns neue Kleidung. Wir mussten alle in einer langen Schlange warten und unsere Erzieherinnen gaben uns jeweils eine Hose und einen warmen Pullover. Ich hätte eigentlich auch lieber so eine modische Schlaghose und ein Markensweatshirt bekommen wie die anderen Mädchen – aber mir hat man eine Latzhose und einen alten, kratzigen Baumwollpulli in die Hand gedruckt.
Doch als ich auf meinem Zimmer war und zuerst die Taschen an der Hose kontrolliert hatte, fand ich Deinen Brief – zusammen mit den zwei Euro, die Du gut in der Brusttasche versteckt hattest. Wir bekommen umgerechnet nur 50 Cent Taschengeld pro Woche – da kannst Du dir vorstellen, wir sehr ich mich darüber gefreut habe. Die Latzhose war also mein Glücksbringer – und auf einmal war es garnicht mehr so schlimm, dass ich sie bekommen hatte.
Meine Freundinnen finden die Latzhose übrigens auch total klasse – am liebsten hätte jede von ihnen eine.
In meiner Freizeit war ich beim Fotografen in der Stadt und habe zwei Bilder von mir machen lassen – damit Du siehst, wie gut mir die Latzhose steht. Nur der Pulli sieht mehr nicht ganz so dolle aus, vielleicht gibts beim nächsten Verteilen in einem halben Jahr einen schöneren. So lange muss der nämlich halten, wir haben wir nicht viel – jedes Mädchen hat nur zwei Hosen und zwei Pulls. Eine dünne Jacke für den Sommer und einen dicken Winteranorak müssen wir solange anziehen, wie uns die Sachen passen. Und wenn was kaputt geht, wirds geflickt.“
Manchmal ist echt nur Müll dabei, wir fragen uns, wo die Sachen wohl herkommen. Ein Mädchen hat mal gemunkelt, aus der Altkleidersammlung – aber das jemand eine so gut erhaltene Latzhose in die Altkleidersammlung gibt, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Vielleicht bekommst Du ja meinen Brief und die beiden Fotos, und freust Dich, dass Deine Hose nochmal in gute Hände gekommen ist.
Deine Alexandra
Meine Tochte war baff und fing an zu weinen – sie hatte einen Zettel mit ihrer Adresse und zwei Euro mit in die Latztasche getan, in der Hoffnung, jemand, der die Hose findet, wird sich bei ihr melden. Und so geschah es und es wurde der Beginn einer wunderbaren Brieffreundschaft. Und da ich noch gut russisch kann und wir schon lange nicht mehr in unserer alten Heimat waren, habe ich Kontakt zur Heimleitung aufgenommen und gefragt, ob wir sie mal besuchen dürfen. In den Weihnachtsferien fahren wir mit einem alten VW Bus dort hin – und jedes Mädchen soll eine schöne Latzhose und einen tollen Pulli geschenkt bekommen.
„Das ist ja ‘ne tolle Geschichte – und ihr fahrt da tatsächlich hin und bringt die Sachen persönlich vorbei? Das sind doch mehr als tausend Kilometer?“
„Ja“, sagte sie. „Viel weiter. Wir fahren nach Weihnachten los und sind zum Schulanfang wieder da!“
„Klasse!“ rief ich. „Auf so eine Reise würde ich auch gerne mal mitkommen...!“
Anastasija lachte. "Das glaube ich. Aber du kannst leider noch nicht mit. Deine Eltern würdens nicht erlauben und ich möchte die Verantwortung nicht tragen. Es geht schließlich ins Ausland. Warte mal ein paar Jahre und dann kommst du mal mit, okay?" Ich war zwar enttäuscht, aber sie hatte recht. Dann fragte sie nach Mama, wo die denn ist. Ich mußte zugeben, daß ich allein war und Mama gar nicht wußte, wo ich bin. Sie erklärte mir ganz freundlich, daß es ganz wichtig ist, daß sie das weiß, weil ja was passieren kann. Ich verstand das. Sie sagte: "Dann muß ich jetzt wohl auf dich aufpassen." - "Aber verrat bitte nicht, daß ich hier war, ja?" Anastasia lachte: "Keine Sorge! Magst du mir beim Durchsehen der Latzhosen helfen?" Klar. Wir schauten die Latzhosen durch. Es gab braune, schwarze, blaue und rote in verschiedenen Größen. Ich glaub, im meiner Größe war keine dabei, aber wenn's nicht ne ganz besondere gewesen wär, hätt ich sie trotzdem Anastasija überlassen.
Als wir fertig waren half sie mir noch mit meiner Suche. Arbeitslatzhosen gab es welche, aber entweder falsche größe oder bah! Schade. Eine Latzhose aus Leder für meine Schwester fand ich auch nicht, doch da plötzlich fand ich ne Jacke, die sie gern gehabt hätte und nicht mehr kaufen konnte, weil die Mode vorbei war. Die Größe stimmte... Hurra! Ich hatte was für meine Schwester gefunden. Wir wollten grad zur Kasse gehen, da fiel mein Blick auf einen Latzrock aus Jeans, der da hing. Hey!!! Schick! Gleich mal schauen. Oh, der hatte auch genau die Größe von meiner Schwester. Sollte ich auch noch... klar! Hoffentlich reicht das Geld. Es reichte! Supi! ZWEI Geschenke für meine Schwester. Die wird sich freuen.
Plötzlich fiel mir ein: Wie komm ich mit dem Zeugs ins Haus ohne daß jemand das sieht? Anastasija schlug vor: "Wie wärs, wenn ich die Sachen mitnehm und du in den nächsten Tagen kommst, es bei mir einpackst und mitnimmst? Kann sie auch gern waschen für dich!" Oh ja! Dann lern ich auch gleich Jewgenija kennen. Außerdem ist es nur um die Ecke. Prima Idee!!!
Anastasija bestand darauf, mich nach Haus mitzunehmen. Sie wollte dann aber noch los und Stofftiere fürs Kinderheim besorgen. Zuhaus berichtete ich meiner Schwester vom Mißerfolg aber verriet nicht, was ich sonst gekauft hab.
Abends im Bett dachte ich über Anastasija und Jewgenia nach. Daß Jewgenia kein Ukrainisch kann... Özlem, meine Mitschülerin in der Klasse konnte beides richtig gut: Deutsch und Türkisch. Sie ist sowieso total nett. Sie hatte mich nicht ausgelacht, als ich das erste Mal mit der Kunstlederlatzhose in Schule war, sondern mir gesagt, wie sie meinen Mut bewundert. Und das auslachen... sie kennt das und ich soll mich nicht kleinkriegen lassen. Warum hab ich mich mit ihr eigentlich noch nicht angefreundet? Sollte ich mal machen unbedingt! Aber wenn ich sie besuch, zieh ich wohl besser die andere Latzhose an oder was ganz anderes. Sie hatte mir ja erklärt, warums für sie völlig unmöglich wäre das anzuziehen. Und bei ihrer Familie möchte ich ja auch keinen schlechten Einduck machen.... Ja, und Jewgenia kennenlernen...! Ich muß ja die Sachen holen! Super, da freu ich mich riesig drauf! Ach, ich lieb das, neue Freundinnen kennenzulernen....
@Mimdu: Ich hoffe, ich war nicht zu schnell und bin nicht zu sehr off topic geworden... Viel Spaß
Die Tage bis Weihnachten vergingen wie im Fluge. Mit Maurice traf ich nun regelmässig ein, zweimal pro Woche. Wir machten nicht nur die Hausaufgaben zusammen, sondern hörten Musik und quatschten über Gott und die Welt. Das Wetter war kalt und regnerisch, so dass ich meistens meine Thermo-Jeans und den alten, roten Anorak mit Kapuze, den ich von meiner Schwester geerbt hatte anzog. Alternativ dazu halt meine braune Kunstleder-Latzhose und den dazu passenden Anorak vom Flohmarkt. Maurice möchte beides leiden, so hatte ich jedenfalls den Eindruck.
Heiligabend waren meine Großeltern zu Besuch und ich bekam von Oma eine nagelneue Jeans-Latzhose geschenkt. „Dann kannst Du ja das olle Kunstleder-Teil endlich entsorgen...“ meinte sie. „Kommt garnicht in Frage“, sagte ich und probierte die neue Hose direkt an. Sie war genau die gleiche Jeans, wie ich seinerzeit von Mark geschenkt bekommen hatte – nur viel größer. Sie passte gut, ich musste sie einmal umkrempeln, dann war sie auch von der Länge her ok. Mit etwas Glück wird sie sicherlich ein, zwei Jahre lang passen.
Auch meine Schwester hatte sich über ihre Geschenke von mir gefreut. Beides passte und gefiel ihr gut. Für Papa hatten wir übrigens noch im Baumarkt ‘ne knallrote Arbeitslatzhose gefunden. Er nahm’s mit Humor und versprach, sie tatsächlich das nächste Mal zum Basteln und Arbeiten anzuziehen.
Inzwischen war es Frühling geworden und die Tage wurden wieder länger und wärmer. Oma’s neue Latzjeans hatte ich nun regelmässig zur Schule und in der Freizeit an. Ich war wieder etwas gewachsen, so dass ich meine Latzhosen nun nicht mehr umkrempeln brauchte und hatte auch etwas zugenommen. Der Arzt meinte neulich bei ‘ner Routineuntersuchung, ich hätte jetzt fast meine Körpergröße erreicht, viel mehr würde ich wohl nicht mehr wachsen. Das beruhigte mich jedenfalls ein wenig, und ich hoffte, dass mir meine Kunstleder-Latzhose auch im Herbst-/Winter noch passen würde. Ich müsste nur ein wenig auf mein Gewicht achten, aber das fiel mir sowieso nicht sonderlich schwer.
Eines Nachmittags Ich war mal wieder bei meiner besten Freundin Frauke. Und als meine Blicke so durch ihr Zimmer schweiften entdeckte ich auf ihrem Hocker liegen etwas, was mich irrsinnig neugierig machte. „Wo hast Du die denn her? Die sieht ja wahnsinnig schaf aus?“ fragte ich neugierig. „Meinst Du die kurze Lederhose da? Die ist noch von meinem größeren Brüder – Mama meinte, ich solle sie mal anprobieren, aber sie passt mir nicht. Die nimm ich gleich mit runter und werf sie mit in die Mülltonne, wenn Du gehst!“
Ich schaute Frauke etwas traurig und verlegen an: „Das machst Du doch nicht wirklich, oder?“ „Eigentlich schon!“ sagte Frauke. „Ist mir viel zu klein und bevor ich von Mama Ärger bekomme, weil das Teil hier immer noch rumliegt...“ Mir tat’s in der Seele weh, was Frauke da vor hatte. Ein wenig peinlich war’s mir zwar schon, aber ich fasste meinen Mut zusammen und fragte „Darf ich die denn vorher mal anprobieren?“
Frauke guckte ganz erstaunt und meinte „Hmmm – Dir könnte sie ja vielleicht noch passen. Probier‘ sie ruhig mal an – Du trägst ja so’n exostisches Zeugs. Für mich wär‘ das nix, selbst wenn sie mir noch gepasst hätte.“ Ruck zuck hatte ich die Schnallen von meiner neuen Latzjeans, die ich von Oma zu Weihnachten bekommen hatte geöffnet und meine Hose ausgezogen. Darunter hatte ich ein knalltotes, ärmelloses Muskelshirt an, welches mir gerade eben bis zum Bauchnabel reichte - was aber in Zusammenhang mit der Latzjeans nicht auffiel.
Ich griff nach der Lederhose und begutachtete sie zunächst von vorne und hinten. Es war eine schlichte, graue Rauhlederhose mit Reißverschlüssen, Gürtel, und Knöpfen für Hosenträger. Mit der Zeit war sie etwas schmuddelig geworden war, sah aber dennoch ganz akzeptabel aus. Dann machte ich die beiden Reissverschüsse und den Knopf, der darunter zum Vorschein kam, auf. Irgendwie war ich total aufgeregt, so wie letztes Jahr im Herbst auf dem Flohmarkt, wo ich die Kunstleder-Latzhose anprobiert hatte, die Mama mir ja zum Glück auch gekauft hat.
Ich schlüpfte also in die kurze, graue Lederhose und zog sie langsam bis zum Po hoch. Au weia, die ist aber wirklich schon schön knackig eng. Mit etwas Baucheinziehen ging auch der Knopf noch zu und ich zog die beiden Reißverschlüsse und den Gürtel zu. Wow – was für ein Gefühl! Total klasse!
Frauke kramte in Ihrem Papierkorb und drückte mir was in die Hand. „Was hast’e denn da noch?“ „Ach, das sind die passenden Hosenträger dazu! Die hatte ich abgemacht, weil die mir nicht passten und schon in den Papierkorb getan. Die musst Du dann aber auch probieren – wenn schon, denn schon!“
Gesagt getan, Frauke machte mir die Hosenträger, die auch aus Leder waren und einen Brustlatz mit einem weißen, röhrenden Plastikhirschen hatten, an den dafür passende Knöpfen der Hose fest. „Auf dem Rücken mach ich Dir die über Kreuz - das gehört so!“ sagte sie. Dann musterte sie mich von oben bis unten. „Die Trägerchen müssen aber noch was lockerer!“ meinte sie und machte sie in die längste Stufe. „Sieht irgendwie komisch aus – Dein rotes Bauchfrei-Shirt und die olle Lederhose! Aber irgendwie witzig – so total anders, als ich sie bei meinem Bruder gesehen habe. Naja, ist auch schon was her, dass er sie zuletzt getragen hat.“
Plötzlich stand Fraukes Mama in der Zimmertür und kriegte sich kaum ein vor Lachen: „Sag mal, was geht denn hier ab? Sandra, wie siehst Du denn aus? Neee, das geht ja garnicht! Die ist Dir doch auch viel zu eng!“ Ich zwickte hier etwas an der Hose und dort noch ein wenig und meinte ganz trocken: „Wieso? Passt doch! Darf ich die haben?“ „Naja!“ sagte ihre Mama. „Von mir aus nimm sie mit und wenn Deine Ma Dich so rumlaufen lässt, soll’s mir Wurscht sein! So würde ich Dich jedenfalls nicht vor die Türe lassen! Wieder zurückgeben brauchst Du sie jedenfalls nicht – bei uns wäre sie ja eh gleich in der Tonne gelandet weil sie Frauke überhaupt nicht mehr passt...“
Ich nahm die Hose mit nach Hause. Große Diskussion gab es nicht drum. Meine Schwester und ich hatten uns ja ausgesprochen und machten uns nun ein Spaß draus mit Klamottenanziehen.
Bald später hatte ich Geburtstag. Das war Freitag. Wollte natürlich was besonderes anziehen und überlegte. Hatte plötzlich ne Idee. Hatte das schon lange nicht mehr angehabt. Ich wühlte im Kleiderschrank und fands nicht. Wo hab ich das denn? Hoffentlich hatte Mama das nicht aussortiert. Ich bekam Angst. Oh nein... Doch, da! Da war sie. Meine geliebte Reißverschluß-Latzhose. Hatte sie extra etwas zurückgelegt für besondere Anlässe. Natürlich paßte sie noch prima. Mein rotes T-Shirt an, drüber die Latzhose, Reißverschluß zu und fertig! Ich sah mich im Spiegel: Schick! Echt super! Diese Hose ist irgendwie doch noch die beste. Zusammen mit der Kunstlederlatzhose und der neuen von Oma.
In Schule traf ich meine Lehrerin. Sie sagte: "Oh, du hast die Hose ja doch noch! Ich dachte schon, du hast sie längst weggeschmissen." Ich sagte: "Weggeschmissen? Die tolle Hose? Nein, die trag ich nur zu besonderen Anlässen." Sie lachte und gratulierte mir zum Geburtstag. Maurice freute sich auch, daß ich die Hose wiedermal trag. Er umarmte mich beim Gratulieren.... Oh, Maurice!!!
Nachmittags kamen alle meine Freunde: Frauke, die Tochter von meiner Lehrerin und noch einige andere. Özlem, mit der ich mich nun auch angefreundet hatte, hatte superleckeres türkisches Gebäck mitgebracht. Jewgenija war auch da. Sie sah irgendwie schick aus. Irgendwann flüsterte Mama zu mir: "Kuck mal die Hose von Jewgenija an." Ich kuckte genauer hin... Nein... das kann nicht sein.... Ich nahm Jewgenija beiseite: "Wo hast du denn die Hose her?" Sie strahlte: "Die hat Mama mitgebracht von Second Hand. Ich find die voll cool. Willst du sie mal anprobieren?" Ich lachte: "Nein, laß mal, ich hab die schon angehabt." Sie machte große Augen: "Wieso?" - "Na, Oma hat mir die Hose mal geschenkt und ich hab sie dann zur Altkleidersammlung gegeben. Hab gesehen aber, wie sie für den Laden aussortiert wurde." Jewgenija strahlte: "Die ist von dir? Hey, das ist ja super!" - Tja, wenn Oma wüßte, daß meine Freundin nun die rosarote Schlaghose trägt und liebt. Sollte ich ihr erzählen am Sonntag. Dann kommt sie wieder...
Dann kam mein Maurice. Meine Schwester, sie trug übrigens den Jeans-Latzrock von Weinachten, hatte ihm aufgemacht. Als er in den Raum kam, traf mich ein Blitz. Maurice trug eine superschicke neue Jeanslatzhose. "Hey, Maurice! Wie schick!" Er strahlte übers ganze Gesicht. Frauke kicherte: "Ein Latzhosenpärchen." Alle lachten.
Ach, mein Geburtstag war herrlich. Fands vor allem toll, daß sich alle so gut verstanden. War ein superschöner Tag...
Kommentare zu der Geschichte kann man hier eintragen: topic.php?id=301 oder hier was weiterschreiben...
Hey, habe die ganze Story erst jetzt gelesen und muss sagen, dass ich total begeistert bin! Total klasse geschrieben und ausgedacht. Hat richtig Spaß gemacht zu lesen. Das war Kopfkino pur!
Hallo Leute, wann geht's hier denn weiter? Ich würde eine Fortsetzung lieben... Ich persönlich bin leider nicht so schreibbegabt! Zumindest nicht so kreativ und interessant!
Abends, als ich ins Bett gehen wollte, drückte Mama mir noch ein Geschenk in die Hand. "Ist von Oma und Opa, die sind ja leider in diesem Jahr zu Deinem Geburtstag in Urlaub!" Ich nahm das Päckchen, was weich, ca. 35cm x 25cm groß und 2cm dick und in lustigem Geschenkpapier eingepackt war und machte es auf. "Wow", sagte ich "die ist aber auch klasse! Danke Oma und Opa, die werde ich gleich morgen zur Schule anziehen!", sagte ich laut vor Freude, obwohl beide garnicht hier waren.
Das hatte mich wirklich überrascht - da hatte ich garnicht mit gerechnet, von den beiden nochmal 'ne Latzhose geschenkt zu bekommen, zumal ich Weihnachten erst die blaue bekommen hatte. Die hier war schwarz, ansonsten genauso wie die von Weihnachten. Da sagte Mama "Oma meinte, dann kannst Du ja jetzt endlich die braune mit abgeben, die sie nicht leiden kann!" "Das hätte sie wohl gerne, Mama Du hast doch wohl nicht...?" Ich riss meinen Schrank auf doch zum Glück lag meine geliebte Kunstleder-Latzhose noch da, wo ich sie zum Frühlingsanfang als es langsam wieder wärmer wurde, hingelegt hatte.
"Nein, Sandra das brauchst Du auch nicht. Von mir aus zieh das Ding solange an, wie Du magst. Aber wenn Du's Dir mit Oma nicht verscherzen möchtest, zieh wenn sie das nächste Mal kommt die blaue oder die schwarze an, und erwähne die Kunstleder-Latzhose am besten erst garnicht. Dann gibts auch keine überflüssigen Diskussionen."
So ging ich zu Bett und freute mich auf den nächsten Tag in der Schule. Ob Maurice wohl wieder seine Latzhose anziehen wird? Vor der ersten Stunde sah ich ihn dann: Er hatte eine rote Sweatjacke über seiner blauen Jeans an. Ich konnte nicht erkennen, ob es die Latzjeans von gestern war, oder seine Five-Pocket Jeans, die er sonst immer trug.
Ich jedenfalls wollte Maurice überraschen, und hatte meine neue, schwarze Latzjeans von Oma und Opa an, darunter ein uni-weißes T-Shirt und - weil ich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen wollte - ausnahmsweise meinen neuen, roten Adidas Kapuzenpulli mit den legendären drei weißen Streifen am Ärmel darüber an, den ich von Mama und Papa gestern auch neu zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Mache ich ja sonst normalerweise garnicht, aber der Pulli mit Känguruh-Tasche passte beim besten Willen nicht drunter.
Zur großen Pause zog ich dann den neuen Kapuzenpulli aus, legte ihn unter den Tisch und lief zusammen mit Maurice, der seine Sweatjacke anbehalten hatte nach draußen. "Wow" sagte er, "hast Du die zum Geburtstag bekommen?" Ich sagte stolz "Ja, von Oma und Opa. Oma meint, sie könnte mich damit überreden, meine Kunstleder-Latzhose, die sie überhaupt nicht leiden mag, endlich zu entsorgen. Aber da hat sie sich geschnitten!" "Die hast Du immer noch? Die muss doch bald auseinander fallen, so oft wie Du sie im Winter angezogen hast? Und war die nicht schon gebraucht, als Du sie bekommen hast?"
"Ja," sagte ich. "Sie ist schon reichlich abgenutzt, aber ich hab' sie noch immer und ich freu mich jetzt schon auf den Herbst und Winter, wenn's wieder kälter wird und ich sie wieder anziehen kann. Hoffentlich passt sie dann noch!" Maurice hatte seine Sweatjacke immer noch zu und so fragte ich ihn neugierig "Und, hast Du heute zur Schule nochmal Deine tolle Latzjeans an? Und wo hast Du die überhaupt her?"
"Nee," sagte er "zur Schule ziehe ich sowas nicht an. Ist doch eher was für Mädchen. Die hab' ich übrigens auch von meiner Oma zu Weihnachten bekommen. Meine Oma kennt nämlich Deine Oma ganz gut vom Seniorennachmittag - und Deine Oma hat meiner von Dir erzählt, und dass Du von ihr 'ne Latzjeans zu Weihnachten bekommen würdest. Sie hat so davon geschwärmt, dass das auch bestimmt für Jungs ganz cool sei und somit hat sie wohl meine Oma überredet mir auch eine zu schenken. Ist sogar die gleiche, wie Du auch hast - ich glaub, die beiden waren zusammen im Jeansladen einkaufen. Ich mag die aber nicht an mir leiden - und Mama meinte gestern, entweder Du ziehst die an oder gehst nicht zu Sandras Geburtstag, da hab ich sie nach Weihnachten glaub ich zum ersten Mal wieder angezogen. Ist ja auch noch ein wenig groß, ich musste sie an den Beinen umkrempeln. Ich mag die halt nicht."
"Och Maurice," sagte ich traurig. "Die passt Dir doch prima und sieht total klasse an Dir aus! Mir und den anderen hat's gestern jedenfalls total gut gefallen. Ist doch mal was anderes! Zieh' sie doch mal wieder an, und bitte auch zur Schule! Wir sind doch das Latzhosen-Päärchen!" sagte ich ganz verliebt. "Versprochen, ja?"
Maurice überlegte. "Na ich weiß nicht.... ". Glaub er traut sich nicht. Schade. "Naja, ach ich mag dich auch so!" sagte ich ganz lieb zu ihm. Oh mein Maurice! Was bin ich verliebt! War noch genauso verliebt wie ganz am Anfang...
Später verabredeten wir uns für Kino. War ja Samstag und es gab ein neuen Film. Überlegte den ganzen Nachmittag, was ich anziehen soll am Abend. Entschied mich für meine geliebte Reißverschluß-Latzhose. Mama rief: "Was? In dem alten Ding willst du mit Maurice ausgehen? Du hast doch eine so schöne neue Hose bekommen." Ich war sauer. Immer diese Sprüche! "Aber Mama, Sonntag ist doch erst morgen!"
Maurice freute sich, als er mich sah und weil ich diese Latzhose wieder anhatte. Erzählte ihm von Mamas Spruch. Er war empört: "Wirf die bloß nicht weg! Ich find die irre cool!" - Ja? Glaub, ich wurde rot. "Keine Sorge. Ich find die nämlich auch ziemlich cool. Und sie ist super bequem."
Trug ein Pulli drunter. Meine Jacke nahm ich mit, weils später vielleicht nicht mehr warm ist. Maurice hatte gleich seine Jacke an. Vorm Kino kuckten mal wieder einige, was ich trag. Ja, kuckt nur - cool was? Hihi! In Kino zog Maurice seine Jacke aus. Hey, er trug ja seine Latzhose! Freute mich riesig. "Die steht dir wirklich total gut" flüsterte ich zu ihm. Nun wurde ER etwas rot. Ich strahlte. "Wirklich, Maurice!" Freute mich sowieso daß ich unterwegs war mit ihm - das ist immer schön! Schaute ihn glücklich an und setzte mich ganz dicht neben ihm... Der Film war super und ich habs genossen mit Maurice. Danach sind wir noch in Eisdiele gegangen. Ach war das herrlich!!!
...
Kommentare zu der Geschichte kann man hier eintragen: topic.php?id=301 oder hier was weiterschreiben...
So, nach einer kleinen Sommerpause geht's mal wieder weiter. Viel Spaß beim Lesen!
Weil’s nach dem Kinobesuch draußen schon recht kühl war, hatten wir unsere Jacken noch an, als wir in die Eisdiele gingen und uns in einer kuscheligen Ecke ein gemütliches Plätzchen gesucht und gefunden hatten. Irgendwie war uns beiden richtig kalt – der schöne, warme Frühsommertag hatte sich doch merklich abgekühlt. Außerdem hatte es zwischendurch noch geregnet, so dass wir doch etwas nass geworden waren. Somit ließen Maurice und ich erst einmal unsere Jacken an, als eine junge, freundliche Verkäuferin an unseren Tisch kam und fragte: „Na, ihr beiden! Was darf’s denn sein?“
„Also ich hätte gerne einen großen Erdbeerbecher mit Sahne!“ sagte Maurice voller Überzeugung. Erdbeeren möchte er nämlich am liebsten, das hatte ich auch schon herausgefunden und war somit nicht sonderlich überrascht über seine Bestellung. „Und ich nehme einen großen Schoko-Traum mit Vanille und Schokoladeneis sowie viel Schokosauce und etwas Streusel!“ „Den Schoko-Traum auch mit Sahne?“ fragte die Verkäuferin. „Natürlich!“ sagte ich. Wie konnte ich das bloß nur vergessen zu sagen.
Die Verkäuferin ging also zur Theke und machte unser Eis fertig. Wir konnten ihr dabei genau zusehen, wie sie die Kugel in die Becher füllte, bei Maurice die vielen frischen Erdbeeren hinzukamen und sie auf mein Eis die Schokoladensauce drübergoß. Zum Schluss noch die Sahne, Erdbeersauce bei Maurice Becher und die gewünschten Schokostreusel auf meinem. Zwei prächtige Eisbecher warteten nun an der Theke darauf, von der jungen, netten Verkäuferin zu uns zum Platz gebracht zu werden.
Gesagt – getan – die Verkäuferin stellte beide Becher auf ein Tablett und kam zu uns an den Tisch. Und just in dem Moment als sie bei uns am Tisch ankam, machten – ohne dass wir uns abgesprochen hätten – Maurice und ich zeitgleich unsere Jacken auf. Ein fataler Fehler, wie sich unmittelbar darauf herausstellte. Denn als die Verkäuferin uns beide so in Latzhosen da sitzen sah, erschrak sie so sehr, dass sie das Tablett mit unseren beiden Eisbechern fallen ließ. „Ssssoo – ssoo – so eine Latzhose wie Du hatte ich früher auch mal – …“ stammelte sie noch bevor sich der Inhalt der beiden Eisbecher sich geradezu über Maurice und mich ergoss…
Jetzt geht es weiter. Ist Gemeinschaftsarbeit wieder, eine Freundin hat geholfen.
Ihhhh.... Pulli, Latz, Beine. Alles voll Eis und Schokisose. Und Sahne! Sogar unter den Latz ist was gelaufen. Und die Haare ein bißchen! Ihhh! Die Latzhose von Maurice war auch dreckig, aber nicht so viel. Alle schauten zu uns. Ein paar Leute lachten auch. Die Verkäuferin holte was zum saubermachen. "Aus mit Schoki-Traum" sagte ich. Maurice lachte: "Schoki-Alptraum!" Mußte auch lachen und naschte was. "Hmmm.... Schoki-Alptraum mit Erdbeeren! Lecker!" Maurice fragte: "Darf ich auch mal probieren?" Klar! Dann kam die Verkäuferin wieder und es ging los. "Jetzt wär Deine Kunstlederlatzhose gut" sagte Maurice. Die Frau erzählte: "Ach! Kunstlederlatzhosen hatte ich auch als ich zu Schule kam. Sie sahen so ähnlich aus wie deine hier mit dem Reißverschluß." - "Meine sieht aber so aus wie die Latzhose von Maurice." sagte ich und dachte daß meine Schwester ja auch so eine hatte wie die Verkäuferin..... So ganz ging das nicht raus, die Schokoladensose und Erdbeersose auch nicht.... Schöner Mist. Wir waren ziemlich dreckig. "Das tut mir sehr leid" sagte die Verkäuferin. Der Chef war auch da und gab uns Gutscheine für Eis essen. Und neue Schokitraum und Erdbeerbecher bekamen wir umsonst dazu. Das war nett! und lecker!
Zuhause sagte Mama: "Wie siehst du denn aus???" Ich erzählte alles. Sie lachte laut: "Na, da bin ich aber froh, daß das diese alte Hose erwischt hat! Hast du dich schon im Spiegel gesehen?" O Schreck! Der Pulli und die Latzhose - alles voll braune und rote und weiße Flecke. Papa war auch da. Er lachte und wollte unbedingt Foto machen. Naja... ich fand das ja auch lustig irgendwie. Danach fragte ich "Mama, kannst du die Hose und den Pulli bitte waschen?" Mama lachte wieder: "Waschen? Na ob das noch rausgeht...." Ich starrte zu ihr vor Schreck. Mama lachte und sagte: "Außerdem hab ich grade Pullis und Hosen gewaschen." - "Och Mama, bitte!" - "Sandra, für diese alte Hose mach ich nicht extra die Waschmaschine an." - "Dann frag ich eben morgen die Mama von Maurice ob sie das mit wäscht. Seine Hose ist auch ganz dreckig." Mama sagte: "Daraus wird nichts. Du hast keine Zeit, weil du mit deiner Schwester das leckere Gebäck von Özlem backen willst. Sie wollte vielleicht ja auch noch kommen und helfen." Ach jaaa, wir wollen das ja mit nehmen zu Oma und Opa, weil die morgen von Urlaub kommen. Mist. Ging in mein Zimmer und zog mich um. Hatte gleich wieder schmierige Hände, weil der große Zieher vom Reißverschluß und der Pulli noch schmierig war. Tat Pulli und Hose auf eine Tüte. Ich werd bei Maurice anrufen morgen, das Zeug bei Backen anziehn und danach zu Maurice bringen. Soll Mama doch beschweren. Ich mach das einfach... Und zu Oma und Opa zieh ich die schöne neue Latzhose an, die ich von Oma hab.... ist ja auch Sonntag morgen!
"So, nun erstmal ab ins Bett! Ist eh schon spät genug!", meinte Mama. "Und zu Maurice's Mama brauchst Du auch nicht zu gehen wegen Deiner dreckigen Klamotten - die wäscht bestimmt auch nicht am Sonntag extra für Dich! Ich schau nächste Woche mal, was sich da machen lässt. Vielleicht bekomme ich sie ja noch einigermaßen sauber, und wenn nicht, dann..."
"Dann was, Mama?" "Dann solltest Du mal darüber nachdenken, ob Du sie nicht beim nächsten Mal mit in die Altkleidersammlung gibst! So richtig gut passen tut sie ja schon lange nicht mehr! Ich find' sowieso, dass sie viel zu eng ist. Und von der Länge her ist sie auch etwas kurz inzwischen. Außerdem hast Du doch noch die beiden neuen Latzhosen von Oma!"
Irgendwie hatte Mama zwar recht, aber von der Reißverschluss-Latzhose trennen wollte ich mich doch noch nicht. Zumal ich befürchtete, dass sie in der Altkleidersammlung nicht mehr aussortiert würde und im Reißwolf enden würde, so wie die alte Latzhose, die ich von Mark bekommen hatte. Im Nachhinein hab's ich's doch ein wenig bereut, dass ich sie in den Reißwolf geworfen hatte - aber sie war ja auch durchgescheuert und mir zu klein.
"Kommt nicht in Frage!" sagte ich. "Wenn die Flecken nicht rausgehen, ziehe ich sie halt für zu Hause an! Aber solange ich da noch so gerade eben reinpasse, geb' ich sie nicht her!" "Ist ja schon in Ordnung!" meinte Mama. "Ich wollte Dich auch nicht drängeln! Ich geb' mein bestes, dass sie wieder sauber wird und Du kannst sie solange anziehen, wie Du magst. Ich schmeiß sie schon nicht ohne Deine Zustimmung weg..."
Beruhigt ging ich ins Bett und überlegte, was ich morgen zum Backen anziehen sollte. Schließlich wollte ich meine Latzhose auch nicht noch dreckiger machen.
Sonntags morgens wurde ich wie immer von meinem Radiowecker wach. Ich ging ins Bad und machte mich frisch. Für die Kunstleder-Latzhose, die ich beim letzten Mal zum Backen an hatte, war es heute definitiv zu warm. Also zog ich mein knallrotes, ärmelloses Muskelshirt an, welches mir bis zum Bauchnabel ging und dazu die alte, kurze Lederhose, die ich von Frauke mitgenommen hatte. Das Teil war auch schon ziemlich eng, aber eine total irre Wohlfühlhose. Ich möchte sie, und war froh, dass ich sie von Frauke mitgenommen hatte.
Mama konnte das Teil natürlich auch nicht leiden - typisch Mama halt. Somit machte es mir auch gar nichts aus beim Frühstück wieder einen Spruch von ihr zu kassieren: "Wie siehst Du denn aus? Muss das sein, dass Du die Lederhose noch anziehst?" "So lange ich da noch so gerade eben reinpasse, ziehe ich sie auch noch an! Da gibt's nichts zu diskutieren...!" sagte ich - wohlwissend, dass die kurze Lederhose auch auf Mama's Abschußliste stand.
"Die hab' ich ja auch nur zum Backen an - da ist es nicht schlimm wenn ich mich einsaue! Das kann die gut ab und Du brauchst nichts zu waschen! Für heute Nachmittag zu Oma ziehe ich dann die neue schwarze Latzjeans an, die ich von Oma zum Geburtstag geschenkt bekommen habe!"
"Von mir aus lass sie zum Backen an. Du musst Dich in Deinen Klamotten wohl fühlen - auch wenn ich sie nicht leiden kann! Und Oma wird sich bestimmt freuen, wenn Du die schwarze Latzjeans heute Nachmittag anziehst!"
Nach dem Frühstück ging's dann direkt los mit dem Backen und ich hatte Spaß, dass ich die alte, spreckige Lederhose anbehalten durfte. Am liebsten würde ich sie im Sommer mit in den Urlaub nehmen, aber ob Mama das wohl erlauben wird? Die Plätzchen nach Özlem's türkischem Rezept sind uns übrigens sehr gut gelungen. Hab' nämlich zwischendurch mal dran naschen dürfen - sehr lecker! Vor allem Zimt und Anis, hmmmm.
Zum Nachmittag hin zog ich mich ohne murren um - obwohl ich auch gerne in Lederhose zu Oma gegangen wäre. Aber das hätte wieder Mecker gegeben und uns wahrscheinlich den schönen Nachmittag versaut. Somit zog ich ein frisches, weißes T-Shirt an und dazu die neue, schwarze Latzjeans. Die hatte die gleiche Größe wie die blaue, die ich zu Weihnachten bekommen hatte und wie meine Kunstleder-Latzhose.
Und sie passte noch mehr als gut. Umkrempeln brauchte ich sie zwar nicht mehr, aber sie war lang genug. Und am Bauch saß sie auch noch recht locker. Ich war also guter Dinge, dass meine Kunstleder-Latzhose auch zum Herbst hin noch passen wird. Die schwarze hatte ich nun für gut, die blaue für zur Schule, in der Freizeit und für zu Hause an. Dementsprechend sah sie auch schon aus - reichlich verwaschen schon nach ein paar Monaten. War ja auch kein Wunder, ich hatte sie beinahe jeder Woche an und somit war sie auch fast jede Woche mindestens einmal in der Waschmaschine.
Zu meiner Überraschung hatte meine große Schwester auch ein weißes T-Shirt an und dazu die schwarze Cord-Latzhose, die damals mit in der Tüte von meiner Englisch-Lehrerin war. Schwesterherz und ich im Partner-Look, das hatten wir auch lange nicht mehr. Und so fuhren wir dann zu Oma und Opa, beiden freuten sich über unser kommen, die leckeren Plätzchen und über unser Outfit.
Oma war mächtig stolz und freute sich, dass ich ihr Geburtstagsgeschenk an hatte. "Danke Oma!" sagte ich nochmal. "Die hier lasse ich erst mal für gut!" "Freu' mich, dass sie Dir gefällt! Viel Spaß damit!" "Danke, Danke! ich freu mich auch total darüber!"
Nach einem wunderschönen Nachmittag ging's wieder nach Hause zurück. Ich überlegte kurz, ob ich morgen die kurze Lederhose zur Schule anziehen sollte. Oder Oma's blaue Latzjeans? Und ich hoffte, dass Mama meine Reißverschluss-Latzi wieder sauber bekommt. Aber ich war guter Dinge!
Am nächsten Tag war schönes Wetter. "Das wird warm heute, willst du wirklich mit Latzhose zur Schule gehen?" sagte Mama als ich mit der Latzhose von Oma bei Frühstück war. Meine Schwester hatte den Latzrock von Weinachten an. Die hats gut... ich überlegte.... Nach Frühstück zog ich mich schnell um: kurze Lederhose von Frauke. Oh yeah! Was die anderen wohl sagen? "Sandraaa!" rief meine Schwester. Nahm schnell meine Sachen und wollte los. "Das nicht Sandra! Bitte zieh das wieder aus." - "Mama! Ich muß los, ich bin sonst nicht pünktlich!" Mama wußte nicht, was sie sagen soll. "Komm endlich Sandra!!!" rief meine Schwester. "Na gut! Beeilt Euch!" seufzte Mama....
Als Frauke mich sah mußte sie lachen. "Du ziehst das Teil echt an?" - "Will das sogar zum Urlaub mit nehmen." sagte ich. - "Du spinnst ja!" kicherte sie. Die anderen kuckten auch alle. "Oh, schicke Jungenshose!" sagte eine. "Wo hast du die her, ich möchte auch so eine haben!" sagte ne andere. Und Maurice fand die Hose auch gut. Meine Lehrer sagten garnichts.
Ein paar Tage noch bis Sommerferien. Jeden Tag wars warm. Und jeden Tag trug ich die Lederhose. Fand das total toll die zu tragen. Super war auch, daß Mama meine Schokitraum-Latzhose wieder richtig sauber gekriegt hat und den Pulli auch..... Dann endlich Ferien... freute mich riesig drauf auf Urlaub. Wollte die kurze Lederhose unbedingt mitnehmen und auch ein paar Latzhosen....
So, nach einer kleinen schöpferischen Pause geht's in Sandra's Sommerferien. Vielleicht ein wenig off topic, aber viel Spaß beim Lesen! Kommentare sind weiterhin erwünscht!
Mittwochs war der letzte Schultag, es war knackiges Wetter – also hatte ich wie in den letzten Tagen zuvor die alte, kurze Lederhose an, die ich bei Frauke mitgenommen hatte. Die war zwar total speckig und ziemlich eng und zwickte an allen Ecken und Kanten, doch das störte mich nicht. Eigentlich war sie mir – wenn ich ehrlich bin – schon etwas zu klein. Aber das war mir egal, so ein Teil hatte ich haben wollen seit dem ich mich erinnern kann. Leider gab’s die laut Mama’s Meinung nur für Jungs und selbst bei denen hatte ich schon lange keine mehr gesehen. Ich war also mächtig stolz und freute mich riesig, dass Mama sich nicht dran störte, wenn ich sie zur Schule anzog. So trug ich die Lederhose auch die kompletten ersten anderthalb Ferienwochen, ohne das Mama ein böses Wort verlor.
Ich freute ich mich riesig auf den Urlaub: Morgen, am Samstag soll’s nun endlich losgehen und ich war total aufgeregt. Dieses Jahr geht’s mal wieder zur Nordsee in eine kleine Ferienwohnung, wo wir vor ein paar Jahren schon mal waren. Ich mag die See, auch wenn ich genauso gerne nach Bayern in die Berge zum wandern fahre. Hauptsache, ich darf meine Lederhose mitnehmen! Als ich am Nachmittag vom Spielen nach Hause kam, hatte Mama schon die Klamotten zum Anziehen, die ich mitnehmen sollte, auf’s Bett gepackt. „Schau mal kurz durch, ob alles dabei ist was Du mitnehmen möchtest!“, sagte sie. „Dann kann ich alles mit bei mir in den Koffer packen!“
Ich sah den Packen durch und stellte fest, dass nichts von meinen Lieblingssachen dabei war. „Wo sind denn meine drei Latzhosen? Und mein lila Kapuzennicki?“ fragte ich neugierig. „Die willst Du doch nicht wirklich mitnehmen, oder? Für zu Hause sind die vielleicht noch ok – aber für’n Urlaub? Außerdem fahren wir doch zur Nordsee, da ist es bestimmt schön warm, da brauchst Du bestimmt keinen Pulli und keine Latzhose. Außerdem hab‘ ich Dir ja ne normale, lange Jeans mit eingepackt und wenn Du unbedingt noch nen Pulli mitnehmen willst, dann nimm den roten Adidas Kapuzenpulli. Der Nicki bleibst jedenfalls hier!“
„Gar keine Latzhose?“ Ich sah Mama mit einem traurigen Dackelblick an. „Auch nicht die schwarze? Die ist doch noch fast wie neu, ich hab‘ ich doch bislang nur für gut angezogen. Aber am liebsten würde ich ja meine blaue mitnehmen, die ich von Oma zu Weihnachten bekommen habe!“ Nach meiner geliebten Reißverschluss-Latzi traute ich mich garnicht erst zu fragen. Mama’s Kommentar als sie nach dem Schoko-Albtraum aus der Wäsche zurückkam war eindeutig: „Eigentlich war sie ja reif für die Tonne, aber ich hab‘ sie wieder hin bekommen! Nur noch für zu Hause anziehen, ansonsten überleg‘ ich’s mir noch mal!“ sagte sie lächelnd. Ich liebte meine Mama!
„Mmmh…“ meinte Mama nachdenklich. „Muss das wirklich sein?“ Mein Dackelblick wurde etwas intensiver und sie meinte „Was möchtest Du denn morgen auf der Hinfahrt anziehen? Es soll gut warm werden!“ „Och“ sagte ich „am liebsten meine kurze Lederhose hier und mein knallrotes T-Shirt. Hab‘ ich heute erst frisch angezogen!“ Jetzt wurde Mama plötzlich sauer: „Das olle Ding bleibt definitiv hier. Du kannst froh sein, dass noch nicht wieder Altkleidersammlung war, seit dem Du das Teil hast. Sonst wär‘ die schon längst mit verschwunden, da hätte ich Dich noch nicht mal groß gefragt. Sei froh, dass Du sie für zu Hause anziehen durftest…“
„Echt?“ fragte ich Mama traurig. „Darf ich die wirklich nicht morgen für die Fahrt anziehen?“ „Nein!“ sagte Mama. „Wir fahren zur Nordsee und nicht in die Berge! Da hätte ich’s Dir vielleicht noch erlaubt, auch wenn das Ding total fertig und mindestens drei Nummern zu klein ist. Und wenn Du jetzt noch weiter quengelst, war’s heute auch das letzte Mal! Ansonsten kannst Du sie noch für zu Hause anziehen, bis der Sommer vorbei ist.“ „Aber an der Nordsee kennt mich doch keiner, da soll es doch wohl egal sein, wie ich rumlaufe!“ „Sandra, ein Wort noch und Du ziehst die Lederhose auf der Stelle aus und nie wieder an, verstanden?“
„Ist ja schon gut Mama, darf ich denn morgen meine blaue Latzhose anziehen?“ versuchte ich Mama zu beruhigen. „Die blaue? Die ist doch auch schon total verwaschen, oder nicht? Wirklich schön ist die doch auch nicht mehr! Wenn wäre mir die schwarze lieber!“ Irgendwie war Mama total anders als sonst. Normalerweise war es ihr egal, was ich anzog, ich durfte rumlaufen, wie ich wollte. Auch in alten und engen Klamotten, das störte sie normalerweise überhaupt nicht.
„Mama, was ist los mit Dir?“ wollte ich wissen. „Sonst bist Du doch nicht so pingelig, was meine Klamotten angeht!“ „Ach weißt Du, Sandra hier zu Hause kennt Dich jeder so!“ meinte Mama tröstend. „Aber die Leute die uns die Ferienwohnung vermieten sind gute Freunde von Oma und Opa! Und Oma meinte, dass ich ein wenig darauf achten soll, dass Du ordentliches Zeug mit hast. Die haben selber zwei Kinder in Deinem Alter und Oma will nicht, dass Du dort einen schlechten Eindruck hinterlässt. Und Ich will nicht, dass Du uns dort blamierst mit Deinen alten Klamotten. Nachher meinen die noch, Dir was schenken zu müssen, weil Du nichts Anständiges hast. Ich hoffe, das kannst Du verstehen!“
Ich nickte zwar, doch verstehen konnte ich Mama und Oma nicht wirklich. Ich war gespannt auf die beiden Kinder und was die wohl anziehen dürfen. Bestimmt nur so’n feines Zeugs wie die Mädels in meiner Klasse. Und Riesenaufstand der Eltern, wenn mal was dreckig wird oder kaputt geht. Solche Eltern hasste ich. Naja, wird ja ‘nen feiner Urlaub werden, fürchtete ich. 14 Tage ohne meine Lieblingsklamotten ist ja kaum zum Aushalten, dachte ich und zupfte an den Trägern meiner viel zu engen Lederhose. „Wohl doch zu klein?“ grinste Mama nur. „Nö, nicht wirklich!“ lächelte ich wieder wohl wissend, dass die Zeit mit ihr sich langsam dem Ende neigte. Insgeheim hoffte ich, dass Mama sie bis zum Frühjahr nicht mit entsorgt und sie mir dann noch passen würde. „Darf ich dann wenigstens die schwarze Latzhose mitnehmen und morgen anziehen?“